Kleine Fingerübungen

am G 10

 

 

Um bei Jörg Palaver die 1.000.000.- EURO- Frage zum Thema Gattungsbezirke der Güterwagen bei den deutschen Bahnen erfolgreich zu beantworten und dem allgemeinen Trend zur Banalisierung entgegen zu treten, besorgen wir uns die Bücher “ Güterwagen “ von Stefan Carstens und Rudolf Ossig.

Nach dessen Studium gehören wir zu den Wissenden, denn die Bezeichnung G 10 ist eigentlich etwas irreführend, da es diese Benennung nur bei der DB gab. Die adäquate Bezeichnung der DR war 04. Gemeint sind aber jedes Mal die gedeckten Güterwagen des Deutschen Staatswagenverbandes mit einem Ladegewicht von 15 t nach der Musterzeichnung A 2 mit den Gattungsnamen Kassel, München und Karlsruhe. Beginnend ab 1910 bis etwa 1927 wurden allein ca. 121.000 Stück dieses Güterwagens an die Mitgliedsverwaltungen des Deutschen Staatswagenverbandes geliefert und von diesen auch eingestellt.

Ein ähnliches Aussehen hatten die ab 1892 nach der preußische Musterzeichnung IId 8 für die deutschen Länderbahnen gebauten Güterwagen der späteren Gattung Hannover und Stettin. Der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Bauserien war die 4,8 cm geringere Aufbauhöhe des Stettin. Die ursprünglichen Korbpuffer und Fachwerkachshalter wurden im Laufe der langen Bauzeit den modernen Baugrundsätzen angepasst, wie auch das runde Dach des Bremserhauses gegen eines mit Satteldach getauscht. Die ursprünglich symmetrische Anordnung der Lüftungs- und Ladeluken wurde ebenfalls geändert. D.h., daß der Übergang dieses Wagentyps bei einer Gesamtbauzeit von fast 40 Jahren recht fließend war und uns diverse Ausführungsvarianten zur Verfügung stehen. Puristen werden schon mit Häme die Differenz der Kastenhöhe ausgerechnet haben. Sie liegt aber bei nur 1 mm!!

Von den insgesamt mehr als 200.000 Stück gebauten Flachdachwagen bereicherten noch in den 70er Jahren bis zu ihrem Ausscheiden diese Güterwagen das Erscheinungsbild deutscher Güterzüge.

Warum nicht auch unsere Güterzüge, zumal dieser Wagen immerhin 4 Epochen abdeckt!!!

 

 

Gestählt durch die Serienfertigung von Fahrwerken mit 4,5m Achstand ergreifen wir einen POLA MAXI G10. Leute mit Geld und Weltruf oder ganz Tollkühne nehmen auch einen von Lenz.

Wir zerlegen den Delinquenten. Nur das Gehäuse, Dach und die beiden Türen finden eine Würdigung, der Rest fliegt weg ( ugs.: ebay ). Mit der Flexscheibe werden als erstes die drei Angüsse auf dem Gehäuseboden entfernt und plangeschliffen. Ein 5 x 5 x 40cm Kantholz wird im Schraubstock eingespannt, sodaß ca. 10cm an den Schraubstockspannbacken rechts heraussteht. Nun kann das Gehäuse auf das Kantholz geschoben werden. Mit dem Skalpell entfernen wir die Diagonalstreben genauso, wie die Handläufe und die Streben unter der Ladeluke. Es ist dabei mit äußerster Vorsicht zu verfahren!! Danach werden die Bretterfugen eingeritzt und die Wände mit 600er Schleifpapier geschliffen. Das gleiche geschieht mit den Türen, wobei auch das mittlere Nietenband entfernen werden darf. Individualisten entfernen auch mal eine Ladeluke. Auf das Verschmieren mit Spachtelmasse der vier kleinen Öffnungen unterhalb des Daches sollte auf gar keinen Fall verzichtet werden. Denn daran erkennt man auf dem ersten Blick den POLA MAXI Wagen. Mit einem 0,7 mm Bohrer werden die Löcher für die späteren Griffstangen und Oberwagenschlusslaternenhalter gebohrt. Jetzt erfolgt das Einkleben der Türen. Diese werden oben durch einen 2 x 2 mm Winkel abgeschlossen. Ein 0,8mm Draht wird daraus abgeleitet und bis zur zweiten Wagenstrebe geführt. Beim Original ist das die obere Rollenführung. Die untere wird durch 1mm breite EVERGREEN- Streifen angedeutet. Das Einsetzen der Griffe erfolgt mit 0,5mm Ms- Draht, Flachzange und Sekundenkleber. Die Wagen erhalten noch über den Puffern 5 x 5 x 0,5 mm große Trittstufen. Wagen der Gattung Hannover und Stettin können auf einer Stirnwand noch 4 weitere Stufen erhalten. Der obere Aufsatz ist aber 9 x 5 x 0,5 m groß. Dadurch bestand die Möglichkeit das Dach zu betreten um die Leine der Seilzugbremse zusammen zu knüpfen.

Das Gehäuse wird mit RAL 8012 Rotbraun gespritzt. Alle “ Eisenteile “, wie etwa die Griffstangen, Türhaken etc. und auch die Tritte werden mit RAL 9005 Tiefschwarz abgesetzt. Das aufgeklebte Dach erfährt eine Spezialbehandlung. Schwarze Plaka Farbe wird quer zum Dach in Streifen aufgetragen. Nach dem Durchtrocknen erfolgt die gleiche Prozedur in der Längstrichtung. Dabei kann auch etwas blau oder weis dazugegeben werden. Wurde die Farbe relativ fett aufgetragen, ergeben sich wunderschöne Strukturen.

Jetzt endlich erfolgt der Zusammenbau des Oberteiles mit dem Fahrwerk. Die sich sofort einstellenden Begeisterung beflügelt uns sofort zu weiteren Taten.

Entsprechend der gewählten Epoche erhält das Fahrzeug seine Beschriftung und anschließend noch dezente!!! Gebrauchs- und Witterungsspuren mittels Farbpulver ( Trockenfarbe, Schulkreide). Doch Achtung!!! Mitunter sieht man “ gealterte“ Fahrzeuge, bei denen ich mich manchmal frage, ob der Erbauer den Zustand der Eisenbahn im Jahre 1945 darstellen möchte.

Zum Schluß muß das Gesamtkunstwerk gegen Abrieb der Beschriftung und Verlust des Farbpulvers mit Mattlack gesichert werden. Das ist besonders deshalb wichtig, um Fingerabdrücke im Bereich des Farbpulvers zu vermeiden.

 

Tja, nun sind wir schon am Ende. Beim nächsten Mal bekommt der G10 ein Bremserhaus und wir haben eine Begegnung mit Kassel.

 

 

 

 

Betriebsleitung

der

Naugarder Kleinbahn